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Samuel, von Gott erbeten und ihm geweiht

Das erste Kapitel von 1. Samuel ist ein guter Text für Menschen, die sehnsüchtig auf die Erfüllung eines Wunsches warten.

Elkana und seine beiden Frauen

Elkana ist ein Mann mit zwei Frauen. Die eine heißt Hanna (Begnadigte), die andere Peninna (Koralle oder Rubin). Letztere hat Kinder, Hanna jedoch nicht. Diese Konstellation führt in dieser Familie zu jahrlang andauernden Konflikten. Man möchte sagen, das ist ja kein Wunder, warum muss der Mann auch mit mehr als einer Frau verheiratet sein? War es nicht von Gott so bestimmt, dass ein Mann nur eine Frau haben sollte?

Elkana ist polygam und gleichzeitig fromm. Jedes Jahr geht er mit seiner Familie nach Silo, um "den Herrn der Heerscharen anzubeten und ihm zu opfern". Ein Teil des Opfers (es ist ein Dankopfer) wird gegessen. Daher erhalten Peninna und ihre Kinder davon auch einen Anteil. Vers 5: "Hanna aber gab er einen doppelten Anteil, denn er hatte Hanna lieb". Diese Bevorzugung Hannas dürfte den Konflikt zwischen den beiden Frauen noch weiter verschärft haben.

Ein Familienleben voller Bitterkeit

Die Verse 6 bis 8 beschreiben eindrücklich, welche Bitterkeit wie eine schwere Decke über Elkanas Familie und besonders über Hanna, die keine Kinder bekommen konnte, lag. Peninna wird als Hannas "Widersacherin" bezeichnet. Offensichtlich ist sie eifersüchtig, weil ihr Mann Hanna (mehr) liebt. Sie muss sich trotz der Kinder wie eine Nebenfrau gefühlt haben. Deshalb "reizte sie [Hanna] sehr mit kränkenden Reden, um sie darüber zu erzürnen, dass der Herr ihren Mutterleib verschlossen hatte".

Diese Konflikte waren keine kurze Episode. Vers 7 beginnt mit den Worten: "Und so ging es Jahr für Jahr". Die ständigen Kränkungen seitens Peninna bringen Hanna zum Weinen und verderben ihr den Appetit. Mit heutigen Worten ausgedrückt: Hanna wurde depressiv.

Verständlich, wenn man bedenkt, wie Hanna sich gefühlt haben muss. Jeden Tag Teil eines Haushalts sein, in dem sie quasi das "fünfte Rad am Wagen" ist. Umgeben von einer zänkischen, weil ungeliebten Nebenfrau und deren Kindern. Keine eigenen Kinder, um die sie sich kümmern konnte, auf die sie stolz sein konnte ... Keine Möglichkeit, dieser Situation zu entfliehen. Kein "Job" außerhalb des "Familiengefängnisses", keine Kompensationsmöglichkeit durch "Karriere" - Hanna war gezwungen, diese Situation auszuhalten. Elkana war zwar gutmütig, aber unfähig, die Situation zu meistern. In Vers 8 schimmert durch, dass er gar nicht zu begreifen scheint, dass er für das Familiendrama selbst zum großen Teil mit verantwortlich ist: "Bin ich dir nicht mehr wert als zehn Söhne?". Mit Verlaub, Elkana: Du verlangst, dass Hanna sich mit dir zufrieden gibt, wo du selbst dir doch eine zweite Frau genommen hast, um Söhne haben zu können?

Hanna steht auf

Vers 9 leitet die Wendung ein in einer Geschichte voller Kummer und Zank. "Und [eines Tages] stand Hanna auf, nachdem sie in Silo gegessen und getrunken hatte". Dieser Vers gefällt mir. Hanna stand auf! Mit diesem Aufstehen beendet sie ihre passive Haltung des Vor-sich-hin-Leidens. Und sie tut es in Silo, also dort, wo das Haus Gottes ist. Beim Haus Gottes findet sie Speise und Trank zur Stärkung. Sie erlangt Kraft, um ihr Leben zu ändern. Sie ist immer noch betrübt und muss immer noch weinen, aber sie betet dabei zum Herrn. Das macht den Unterschied zu vorher. Sie wendet sich in ihrem Kummer zu Gott.

Sie legt ein Gelübde ab. Man könnte sagen, sie schlägt Gott ein Geschäft vor: Wenn Gott ihr einen Sohn schenkt, dann würde sie diesen Gott zurück gegeben. Dieser Sohn sollte über die begrenzte Zeit eines Weihegelübdes hinaus Gott lebenslang dienen.

In dieser Geschichte ist nicht nur Elkana eine Enttäuschung. Eli, der Priester, ebenso. Er beobachtet Hanna bei ihrem Gebet, sieht nur die Bewegung ihrer Lippen. Weil er nicht hören kann, was sie redet, hält er sie für betrunken. Hanna muss sich vor ihm rechtfertigen. Interessant ist, was sie zu ihm sagt (Vers 16): "Halte doch deine Magd nicht für eine Tochter Belials". Belial steht für den Teufel. Im nächsten Kapitel lesen wir in Vers 12: "Aber die Söhne Elis waren Söhne Belials; sie kannten den Herrn nicht." Eli fehlte in diesem Moment der geistliche Durchblick. Seine eigenen Söhne waren ruchlose Menschen, die er gewähren ließ. Ihre bösen Taten waren ihm bekannt, aber er unternahm nichts dagegen. Hanna betete wortlos und statt der Sache auf den Grund zu gehen, bezichtigt er sie voreingenommen der Trunkenheit.

Hanna gibt ihren Wunsch in Gottes Hand

Vers 18: "So ging die Frau ihren Weg und aß, und ihr Angesicht war nicht mehr so wie vorher und sah nicht mehr traurig aus". Dieser Vers gehört für mich neben Vers 9 zu den Schlüsselversen dieses Kapitels. Warum? Hatte sich ihr Wunsch nach einem Sohn bereits erfüllt? Nein. Würde Peninna aufhören, sie zu demütigen? Nein. Würde Elkana aufhören, ihr die falschen Fragen zu stellen? Nein. Was also hatte sich verändert? In einem Satz: Hanna war von einer traurigen zu einer frohen Person geworden, weil sie ihren Wunsch an Gott abgegeben hatte. Sie hatte ihr "Herz vor dem Herrn ausgeschüttet" (V. 15). Sie hatte sozusagen ihren Kummer wie schmutziges Wasser aus einer Wanne gekippt. Obwohl sie noch nicht das Ersehnte empfangen hatte, war sie ein anderer Mensch geworden. "Ihr Angesicht war nicht mehr so wie vorher". Ihr Angesicht - das erinnert an 2. Kor. 3,18: "Wir alle aber, indem wir mit unverhülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauen wie in einem Spiegel, werden verwandelt in dasselbe Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit".

Hannas Wunsch geht in Erfüllung

Kurze Zeit später wird Hanna schwanger. Sie bekommt tatsächlich einen Sohn und gibt ihm den Namen Samuel (von Gott erhört). Endlich hat sie das Erbetene empfangen! Während Elkana in alter Gewohnheit wie jedes Jahr mit seiner ganzen Familie nach Silo zieht, um dort zu opfern, geht Hanna ihren eigenen Weg. Sie hat jetzt einen echten, wirklichen Auftrag: sich um ihren Sohn zu kümmern, und zwar solange, bis sie ihn ins Haus Gottes bringen kann. Ihr Opfer würde dann ein viel größeres Opfer sein: das ersehnte Kind Gott zurückgeben. Was sagt sie zu ihrem Mann? "Wenn der Knabe entwöhnt ist, dann will ich ihn bringen, damit er vor dem Herrn erscheine und dort bleibe für immer".

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Fassen wir zusammen: Elkanas Polygamie ist mit ein Auslöser für ein Familienleben in lang andauernder Bitterkeit, das Hanna seelisch schwer belastet. Aber im Haus Gottes wird Hanna die Kraft zuteil, die sie befähigt, ihr Schicksal zu wenden. Indem sie ihren sehnlichsten Wunsch, einen Sohn zu bekommen, voll und ganz in die Hände Gottes legt, erfährt sie Befreiung von ihrer Last und eine Veränderung in ihrem Wesen (siehe auch ihr Gebet in Kapitel 2). Als Samuel geboren wird, hält sie nicht an diesem Geschenk eigensüchtig fest, sondern weiht ihren Sohn und sein ganzes Leben dem Dienst für Gott.

Zum Schluss ein Zitat von Paul Tripp: "Beim Warten geht es nicht nur um das, was ich am Ende des Wartens bekomme, sondern auch darum, was das Warten aus mir macht".

Webseite von Michael Schuch
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